Wer ist Friedrich Rückert...?

Ich kannte ihn als Dichter schon aus einer Sammlung von Liebesgedichten, die meiner Ur(oder Urur?)großmutter gehörten. Aber das war es auch schon. Das erste Gedicht, was ich nach Lasse's Tod bekam, schenkte mir Elke. Dies war ein Gedicht von Rückert, aus der Sammlung seiner Kindertodtenlieder. Auch vor über 200 Jahren hat der Tod vor kleinen Kindern nicht halt gemacht. Dieses Gedicht hat mich so angerührt, dass ich mich im Internet direkt auf die Suche nach der Gedichtsammlung gemacht habe. Die Kindertodtenlieder umfassen über 400 Gedichte, die Friedrich Rückert zum Tod seiner beiden Töchter geschrieben hat. Ich habe hier ein paar ausgesucht, welche mich am meisten bewegt haben.

 

         

 

 

   

  Biografie

Friedrich Rückert (* 16. Mai 1788 in Schweinfurt; † 31. Januar 1866 in Neuses bei Coburg; Pseudonym Freimund Reimar) war deutscher Dichter, Übersetzer und Orientalist. ... Rückert folgte 1826 einem Ruf als Professor der orientalischen Sprachen und Literaturen nach Erlangen. Erschütternd sind seine Kindertodtenlider (herausgegeben von Hans Wollenschläger), in denen er den frühen Tod (1833/1834) seiner beiden Lieblingskinder beklagt. ... aus Wikipedia

 

 

Kindertodtenlieder (019) -mein Liebstes, Danke Elke

Du bist ein Schatten am Tage,
Und in der
Nacht ein Licht;
Du lebst in meiner Klage,
Und stirbst im
Herzen nicht.
Wo ich mein Zelt aufschlage,
Da wohnst du bei mir dicht;
Du bist mein
Schatten am Tage,
Und in der
Nacht mein Licht.

Wo ich auch nach dir frage,
Find' ich von dir Bericht,
Du lebst in meiner Klage,
Und stirbst im
Herzen nicht.

Du bist ein
Schatten am Tage,
Doch in der
Nacht ein Licht;
Du lebst in meiner Klage,
Und stirbst im
Herzen nicht.

  Friedrich Rückert

 

 

 

So kurz war euer Beider Leben,
Von euch ist wenig zu berichten
In Staats- und Zeit- und Weltgeschichten;
Es muß, euch irgend zu erheben,
Der Leichenstein so wie daneben
Der Leichenprediger verzichten;
Und nur derLiebe könnt ihr geben            

Stoff zu unendlichen Gedichten.

Friedrich Rückert - Kindertodtenlieder (008)

 

 

 

 

Als mein Seelchen schied,
Sollte sich erheben
Sanft ein Engellied,
Das es lehrte schweben,
Fliegen in den Wind.
Doch ein wilder Sturm
War die Nacht unbändig,

 Selbst der alte Thurm
Wollte wie lebendig
Fliegen in den Wind.
 
Das ist wohl ein Hauch
Für des Aaren Schwinge;
Wird es glücken auch
Einem Schmetterlinge,
Fliegen in den Wind?

Rauhe Winterluft,
Schone, schonungslose!
Du verwehst den Duft,
Soll die schöne Rose
Fliegen in den Wind?

Doch als wie der Blitz
Fährt der
Sturm hernieder,
Wird zum hohen Sitz
Auch der Funke wieder
Fliegen in den Wind.

Selber flög' ich gern,
Und das ist ein Wetter,
Daß ein
Mensch auch lern'
Als wie dürre Blätter
Fliegen in den Wind.

Nicht nur
Sand und Staub,
Sondern Kies und Steine,
Nicht nur welkes Laub,
Sondern ganze Haine
Fliegen in den Wind.

Doch nicht obenaus
Kann ich Flügel schlagen,
Wie der
Vogel Straus
Nur mir selbst entjagen,
Fliegen in den Wind.

Auch die
Sehnsucht nicht
Kann sich dorthin heben,
Wo du schwebst im Licht,
Und so muß das Leben
Fliegen in den Wind.

Friedrich Rückert - Kindertodtenlieder (031)

 

 

   

O ihr Sternenaugen,
Oder Augensterne!
Könnt' ihr aus der Ferne
Diese Thränen saugen,
Die ich um euch wein' und weine gerne,
O ihr Augensterne,
Oder Sternenaugen!
Wozu könnten taugen
Euerm lichten Kerne
Diese trübem Gram entpreßten Laugen?

O ihr Sternenaugen,
Oder Augensterne!
Wollt ihr dennoch gerne
Diese Thränen saugen,
Die ich zu euch wein' in jene Ferne?

Friedrich Rückert - Kindertodtenlieder (067)

 

 

          

Wie tröstlich ist die Nacht, die uns umschwimmt!
Hätt' ich gewußt dem Tode dich bestimmt,
Nie wär' ich worden deines Lebens froh.
Das Leben glaubt' ich ewig dir verliehn,

Und hielt für möglich, daß es könnt' entfliehn,
Nicht ehr als bis ich sah daß es entfloh.

Friedrich Rückert - Kindertodtenlieder (078)

 

 

 

 Sonst pflegen die Menschen Mitleid zu tragen
Mit einem den der
Himmel geschlagen.
Mich aber wollen in diesen Tagen
Nur desto mehr die
Menschen plagen;
Soll ich darüber mich beklagen?
Nein! wen der
Himmel hat geschlagen,
Der kann auch Menschenplack ertragen.

Friedrich Rückert - Kindertodtenlieder (131)

 

 Kindertodtenlieder (409)

Du warst mein lieber Engel,
Was bist du mir entwichen?
Mein blühnder Rosenstengel,
Was bist du mir erblichen?
Du bist mir nicht erblichen,
Mein blühnder Rosenstengel,
Du bist mir nicht entwichen,
Und bist erst recht mein Engel.

Friedrich Rückert

 

Hätt' ich umGold und Edelstein
Euch hingegeben? wahrlich nein!
Und nun statt
Gold und Schatzgewichts
Muß ich euch geben hin um Nichts?
Ich geb' euch ja um Nichts nicht hin,
Um einen reichlichen Gewinn,
Um Thränen und um Herzeleid,
Um ein so schweres Glanzgeschmeid,
Womit ihr aufgewogen seid,
Das hat mir zugewogen
Die Wag' am Himmelsbogen. 

Friedrich Rückert -  Kindertodtenlieder (361)

 

 Nun muß ich Alles machen
Ganz anders als ich gedacht,
Die Rechnung meiner Sachen
War ohne den Wirth gemacht.
Es war auf euch gezählt,
Ihr waret mitgerechnet;
Nun seh' ich, daß ihr fehlt,
Und ich mich habe verrechnet.

Friedrich Rückert -



 

 

 

Untergeht die Sonn' am Abend,
Und der Mond um Mitternacht,
Doch am Morgen kommt die Sonne,
Und zu Nacht der Mond zurück,
Aber ihr, o meiner Tage
Sonne, meiner
Nächte Mond,
Kehret mir an keinem Morgen,
Keinem
Abend mir zurück.
Schwalbe wandert im September,
Im Oktober Nachtigall,
Doch die
Schwalbe kehrt im Merze,
Nachtigall im
Mai zurück.
Euch, die
Nachtigall und Schwalbe
Dieses Hauses, dieser Flur,
Bringt zum
Haus der Merz nicht wieder,
Noch der
Mai zur Flur zurück.

Mit dem
Frühling starb das Veilchen,
Und die Rose vor dem Herbst;
Ros' und
Veilchen in dem Garten
Bringt des Sommers
Hauch zurück.
Sommerhauch, im Frost des Winters
In des Herzens Gartenbeet
Starb mein Veilchen, meine Rose,
Und du bringst sie nie zurück!

Friedrich Rückert - Kindertodtenlieder (160)

 

An die Kleingebliebenen

Friedrich Rückert - Kindertodtenlieder (442)

Heranzualtern ist der Jugend Looß,
Und kleine
Kinder wachsen mählich groß,
Dann machen sie sich von den
Eltern los,
Und wiegen kannst du sie nicht mehr im Schooß.
Doch ihr, die mir geraubt ein frühes Looß,
Bleibt immer klein, nie werdet ihr mir groß,
Ihr reißt euch nie von meinem
Herzen los,
Und wiegen kann ich euch wie sonst im Schooß.

[www.]gedichte.xbib.de

 

 

 

Leb wohl, geliebtes Leben!
Was kann ich mehr dir geben
Als ein Lebwohl mit Thränen,
Die an der Wimper beben!
Dir hätt' ich geben mögen
Das schönste längste Leben;
Es gibt kein schönres längres
Als dir derBlick mir ist gefallen Auf dein Bild?
O nein, für mich Bist du ewig da im Innern,
Doch dein Bild muß mich erinnern,
Daß du da warst äußerlich.

 

Friedrich Rückert - Kindertodtenlieder (321)